Drittmittelprojekte
BMBF-Projekt: Strategische Kommunikation der Unsicherheit von Simulationsmodellen (StraKoSim)
Verbundprojekt in Kooperation mit der Universität des Saarlandes
Projektleitung: Dr. Berend Barkela, Prof. Dr. Michaela Maier, Prof. Dr. Stephan Winter, Prof. Dr. Georg Wenzelburger
Projektmitarbeiter: Aidar Zinnatullin, Sebastian Hemesath, Lukas Fock, Signe Filler
Das Verbundprojekt erforscht die strategische Kommunikation wissenschaftlicher Unsicherheiten in gesellschaftlichen Debatten und deren Einfluss auf politische Entscheidungsfindungen am Beispiel wissenschaftlicher Simulationsmodelle.
Wissenschaftliche Modellierungen und Simulationen helfen dabei, komplexe gesellschaftliche Krisen besser zu verstehen. Während der Covid-19 Pandemie wurden so zum Beispiel die Ausbreitung des Virus simuliert und Maßnahmen zur Eindämmung bewertet. Allerdings sind wissenschaftliche Modelle nur so gut wie die Annahmen und Daten, auf denen sie beruhen – deshalb müssen bei der Interpretation der Ergebnisse stets Unsicherheiten bedacht werden. In politischen Debatten könnten solche Unsicherheiten durch verschiedene Stakeholder/innen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien unterschiedlich ausgelegt werden: Wer strenge Pandemiemaßnahmen eher unterstützt, wird die Unsicherheiten einer eher befürwortenden Prognose wahrscheinlich geringer bewerten als umgekehrt.
Zu einer derart politisierten Kommunikation über wissenschaftliche Unsicherheiten gibt es bislang nur wenig Forschung in der Wissenschaftskommunikation. Deshalb wird dieses Projekt öffentliche Debatten über die Unsicherheit von Simulationsmodellen am Beispiel der Covid-19 Pandemie, der Energiesicherheit und der Biodiversität erforschen. Mit Inhaltsanalysen wird untersucht, ob und wie verschiedene Stakeholdergruppen wissenschaftliche Unsicherheiten strategisch interpretieren. In Experimenten werden die Gründe für unterschiedliche Interpretationen analysiert. Außerdem werden in politischen Prozessanalysen die Konsequenzen der Debatten für die politische Entscheidungsfindung untersucht. Schließlich werden Workshops entwickelt, um verschiedene Stakeholdergruppen für diese Prozesse zu sensibilisieren und ihre Kompetenzen bei der Kommunikation über Unsicherheiten wissenschaftlicher Ergebnisse zu verbessern.
Motivationen zur Nutzung von Anglizismen in Unternehmen und öffentlichen Diskursen (Vestische Forschungsstiftung, 2023-2024)
Sei es in der Werbung („Impossible is nothing“) oder rund um das Thema Corona („Lockdown“, „Social Distancing, …) – Anglizismen sind überall zu finden und werden stark diskutiert. Im Rahmen des Forschungsprojekts sollen die Nutzungsmotive von Anglizismen in Unternehmen und im öffentlichen Diskurs (bspw. während der Covid-19-Pandemie) erforscht werden. Während bereits Studien bestehen, welche die Wirkung von Anglizismen untersuchen, sowie die Nutzung durch Privatpersonen, ist bisher ungeklärt, mit welchen Absichten Kommunikatoren der Öffentlichkeit Anglizismen verwenden. Um dies zu beleuchten, werden mit Hilfe einer Kombination aus qualitativen und quantitativen Ansätzen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen aus Unternehmen, sowie Personen, die Wissenschaftskommunikation betreiben, befragt. Auf dieser Basis kann eine Systematisierung, welche die Motive zur Nutzung von Anglizismen übersichtlich darstellt, entwickelt werden.
DFG-Netzwerk „Public Online Engagement with Science Information [POESI]“ (Antragstellerinnen: Monika Taddicken & Nicole C. Krämer, 2022-2024)
In particular since the “Fridays for Future” movement and the Covid-19 crisis, scientific issues have been discussed in online environments both by experts and laypeople. What was once reserved for meetings of scientists has now been brought to all individuals through internet platforms and applications. Although research covering online and social media has flourished over the past 15 years, when it comes to scientific issues, a huge research gap needs to be acknowledged. Despite the relevance of science and science communication in modern societies, the potential benefits and threats of social media have both been mostly analysed in the context of politics and political communication. Only little is known about how laypeople engage in the online discourse on scientific issues. There is an urgent need for scientists to collaborate more systematically in understanding how citizens engage with science and how the way in which such scientific information is presented affects this engagement. This network aims to contribute to this research gap by bringing together different scholars working on the overarching research question: How does the changing media environment affect public engagement with science information? To systematize the research, we will consider the different ways in which online engagement occurs and differentiate between consuming, participating and generating behaviours. Moreover, we distinguish phases in the process of citizens’ engagement with science: a preexposure period, exposure itself, and postexposure time. In addition, we take the recursiveness of processes into account.
The central aim of the planned network is to bring together senior and junior experts on online public engagement with science to contribute jointly to the research gap. The group will discuss and advance theoretical assumptions and models, plan bilateral empirical research and reflect on the adequacy of different methods. By inviting 15 experts from six different European countries, we seek to consolidate the online aspects of ‘science of science communication’ with a special focus on European research. Researchers from both communication science and psychology will cooperate to consider different perspectives and approaches. We will account for four different theoretical desiderata: 1) Role of new technologies and their affordances 2) Changes in the knowledge system 3) Bounded rationality and the need for trust 4) Recursiveness of processes. In sum, the network aims to combine theoretical, methodological and empirical competence to foster fundamental research on non-expert online communication about science, by developing a comprehensive theoretical framework and evaluating the appropriateness of traditional and digital research methods.
„Media, Democracy and Citizens (MeDeCi): Fragmentierte Medienumgebungen und ihr Einfluss auf politische Informationsverarbeitung und Entscheidungen“ (2020-2022, Universität Koblenz-Landau, mit Benjamin E. Hilbig, Jürgen Maier, Michaela Maier, Gerhard Reese, Selma Rudert, Melanie Steffens und Christian von Sikorski)
Ziel des Projekts ist es, aktuelle Entwicklungen (z. B. Aufschwung populistischer Strömungen, steigende gesellschaftliche Vielfalt, Zunahme von Skandalisierungen, Negativität, Inzivilität und Populismus in der politischen Kommunikation, aber auch kollektive Aktionen der Zivilgesellschaft) und kontrovers diskutierte Phänomene (z. B. Fake News, „Lügenpresse“, Flüchtlingsdebatte, Bedrohung durch Terrorismus) mit einem innovativen und interdisziplinären Ansatz aus Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Politikwissenschaft zu beleuchten. Der Fokus liegt auf Prozessen der Mikroebene, d. h. dem individuellen Informationsverhalten der Bürgerinnen und Bürger sowie Effekten auf ihr Wissen, ihr emotionales Befinden, ihre Einstellungen als auch ihr Verhalten bzw. ihre Verhaltensabsichten, jedoch unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen und medialen Rahmenbedingungen sowie der demokratischen Konsequenzen. Die Kooperation zwischen Kommunikations- und Politikwissenschaft sowie Psychologie ermöglicht durch eine Kombination aus gesellschafts- und medienbezogenen Theorien und solchen, die sich auf individuelle und soziale Wahrnehmung und Informationsverarbeitung beziehen, einen innovativen Beitrag zur Grundlagenforschung der politischen Kommunikation. Diese kann Erklärungen zu Entstehung, Wahrnehmung und Konsequenzen gesellschaftlicher Konflikte liefern sowie die Ableitung empirisch begründeter Handlungsempfehlungen für die Stärkung von Medienkompetenz ermöglichen. Die geplanten Forschungsvorhaben umfassen dabei vielfältige methodische Ansätze und innovative Methoden-Kombinationen: Im Vordergrund stehen experimentelle Designs und quantitative Verfahren unter Einbindung von Beobachtungsdaten (z. B. Web-Tracking, Eye-Tracking, physiologische Messungen) und verhaltensökonomischen Paradigmen.
E-Democracy (Teilprojekt zu Echokammern und populistischer Kommunikation, Mitarbeiter: Dominic Burghartswieser / Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz, 2018-2021) https://west.uni-koblenz.de/de/research/e-democracy
The Effects of Trait-Based Personalization in Social Media (Marketing Science Institute, mit Ewa Maslowska, Universität Amsterdam, 2018-2019)
The presence of digital traces, especially in social media, and the development of big data analyses have enabled new forms of message personalization. One recent example is the use of Facebook data to predict personality traits and to provide content tailored to psychographic profiles, which has been employed in Donald Trump’s presidential campaign. However, empirical findings on the effectiveness of trait-based personalization on social media are rare. Therefore, the proposed project aims to investigate the conditions under which trait-based personalized messages in social media are more persuasive than non-personalized messages, which personality traits and user characteristics are most suitable for this purpose, and how they can be predicted by means of available social media data.
The Social Side of News: Einstellungsbildung und -äußerung in sozialen Netzwerkseiten unter Einfluss von Impression Motivation (DFG-Projekt / Abgeschlossen: 2015-2018, durchgeführt an der Universität Duisburg-Essen und der Universität Amsterdam)
Soziale Netzwerkseiten (SNS) wie Facebook haben sich zu Plattformen entwickelt, in denen Personen zunehmend mit Nachrichten und gesellschaftlichen Debatten in Berührung kommen. Im Unterschied zur klassischen Nachrichtenrezeption kennzeichnet sich die neue Medienumgebung durch eine Annäherung von Massen- und Individualkommunikation sowie durch eine hohe Sichtbarkeit der Handlungen des einzelnen Nutzers. Basierend auf dem Heuristisch-Systematischen Modell (HSM) der Informationsverarbeitung und der hohen Bedeutung von Impression-Management-Prozessen wurde die These entwickelt, dass ins SNS bereits die Bewertung einkommender Informationen stärker von Überlegungen zu Mehrheitsmeinung und positiver Selbstdarstellung beeinflusst wird als bei üblicher Nachrichtenrezeption, da ein späterer sozialer Austausch in größerem Maße antizipiert wird. Zusätzlich könnte die Zurschaustellung der eigenen Einstellung (selbst wenn sie zunächst nur aus sozialen Gründen erfolgte) eine Internalisierung auslösen, die durch positives Feedback im Netzwerk verstärkt wird.
Um diese Annahmen zu prüfen, wurden vier laborexperimentelle Studien durchgeführt, für die realitätsnahe Social-Media-Settings entwickelt wurden. Variiert wurden die Argumentqualität der rezipierten Artikel, die Valenz von User-Kommentaren/User-Feedback sowie der mediale Kontext (SNS vs. „Web 1.0“-Settings oder Print). Studie I zeigte, dass das reine Eingeloggt-Sein bei Facebook keinen signifikant anderen Verarbeitungsmodus auslöste, aber die situative Erwartung einer späteren Diskussion im Netzwerk zu einer höheren Impression Motivation sowie einer Vernachlässigung der Argumentqualität führte. Die Befunde von Studie II legen deutliche persuasive Effekte von User- Kommentaren nahe, die sich allerdings sowohl in sozialen Netzwerken als auch in klassischen Online- Nachrichtenseiten zeigten. In den Studien IIIA und B, die die Meinungsäußerung in verschiedenen Kontexten behandelten, zeigte sich, dass Personen den Inhalt ihrer Äußerung an die dargestellte Mehrheitsmeinung anpassen und sich ihre privaten Einstellungen nach der Äußerung in Richtung der Valenz des Postings bewegten. Dieser Effekt war bei einer Facebook-Gruppe mit hoher zukünftiger Interaktionswahrscheinlichkeit stärker als bei niedriger Wahrscheinlichkeit, trat aber prinzipiell auch in „Non-Social-Media“-Settings auf. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass relevante SNS-Publika entsprechende Internalisierungsprozesse verstärken.
Aus theoretischer Sicht wird die Eignung der Postulate des HSM zur Impression-motivierten Verarbeitung, um das komplexe Zusammenspiel von Ursprungsbotschaft, User-Kommentaren und medialem Kontext beschreiben zu können, sowie zur Integration von Forschung zu öffentlicher Selbstdarstellung deutlich. Allerdings zeigt sich, dass nicht der SNS-Kontext per se, sondern spezifische Eigenschaften der Situation (Erwartung einer SNS-Diskussion, Salienz von Kommentaren, relevantes SNS-Publikum) die Impression-motivierte Einstellungsbildung und -äußerung fördern. Die Ergebnisse zeigen zukünftigen Forschungsbedarf auf, etwa zur Verarbeitung kontroverserer Themen und zur Eingrenzung der relevanten SNS-Charakteristika. Aus gesellschaftlicher Perspektive liefern sie relevante Hinweise zur Frage, unter welchen Umständen es durch SNS zu einer Fokussierung auf „populäre“ Meinungen kommt, bei der es weniger auf gut begründete als auf massentaugliche und mehrheitsfähige Positionen ankommt.